Wirtschaftliche Auswirkungen von Power-to-Liquid-Kraftstoffen in der Luftfahrt: Eine allgemeine Gleichgewichtsanalyse der Produktion und Nutzung in Deutschland

Grüner Wasserstoff ist ein vielversprechender Energieträger zur Dekarbonisierung des Luftverkehrs und bietet verschiedene Anwendungsmöglichkeiten. Die Verwendung von Flüssigwasserstoff (LH2) erfordert umfangreiche Änderungen der bestehenden Infrastruktur und ist daher langfristig realistischer. Wasserstoff kann aber auch zur Herstellung synthetischer Kraftstoffe, sogenannter Power-to-Liquid-Kraftstoffe (PtL), genutzt werden, die eine kurzfristige Einführung von grünem Wasserstoff in der Luftfahrt ermöglichen. Die Techno-Ökonomie, das Umweltpotenzial und die technologischen Aspekte dieser Kraftstoffalternative sind Gegenstand mehrerer Studien. Im Gegensatz dazu werden die allgemeinen wirtschaftlichen Auswirkungen nachhaltiger Alternativen für die Luftfahrt bisher kaum in der Literatur behandelt.
In dieser Studie wird ein makroökonomischer Ansatz verwendet, um Auswirkungen der Einführung von PtL-Kraftstoff in der Luftfahrt zu untersuchen. Methodisch kombinieren wir eine Sozialrechnungs-matrix und ein allgemeines Gleichgewichtsmodell, wobei wir Deutschland als Fallstudie verwenden. Eine detaillierte Analyse der Lieferkette wird durchgeführt, um PtL-Kraftstoff in das makroökonomische Modell zu integrieren. Die Szenarien beinhalten Beimischungsquoten, wie sie von der EU für nachhaltige Flugkraftstoffe vorgesehen sind. Zudem werden preispolitische Instrumente wie die Besteuerung von Kerosin und Subventionierung der PtL-Kraftstoffproduktion simuliert.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Auswirkungen niedriger Beimischungsquoten (5-10 %) hauptsächlich auf den Luftverkehrssektor beschränkt sind, mit einem moderaten Anstieg der Verbraucherpreise und einem leichten Rückgang der Passagiernachfrage. Wenn Quoten steigen, gehen die Auswirkungen jedoch über den Luftverkehr hinaus. Auf inter-sektoraler Ebene lassen sich drei Muster erkennen: (1) Industrien, die zur PtL-Kraftstoffversorgungskette beitragen, wie z. B. Metallerzeugnisse und elektrische Ausrüstungen, verzeichnen einen Anstieg der inländischen Produktion und der Importe. (2) Vorgelagerte Luftfahrtindustrien wie Verkehrsinfrastruktur und Flugzeugproduktion verzeichnen einen Rückgang der inländischen Produktion und der Importe. (3) Dem Luftverkehr nachgelagerte Branchen, wie Lieferdienste und Reisebüros, sind mit Substitutionseffekten konfrontiert, bei denen Importe die inländische Produktion teilweise ersetzen. Makroökonomische Indikatoren wie das Bruttoinlandsprodukt (BIP) und das Einkommen der Haushalte werden negativ beeinflusst, auch wenn die relativen Auswirkungen gering sind (der Rückgang des BIP beträgt nicht mehr als 0,35 %). Subventionierung der Herstellung von PtL-Kraftstoff kann den Rückgang der Luftverkehrsnachfrage weitgehend abmildern, allerdings um den Preis eines stärkeren Rückgangs des BIP und der Staatseinnahmen. Darüber hinaus zeigt die Sensitivitätsanalyse, dass verschiedene Parameter, wie Kostenprognosen für PtL-Kraftstoff, Importoptionen und Nachfrageelastizitäten, die Intensität der Effekte beeinflussen.
Weitere Aspekte von PtL in der Luftfahrt werden erörtert, z. B. Ressourcenengpässe, internationale Handelsbeziehungen und Umsetzungshindernisse der Quoten. Darüber hinaus wird eine vielfältige Technologielandschaft in der Luftfahrt als realistisches Szenario diskutiert, das sich auf die mögliche Koexistenz von PtL-Kraftstoff und LH2 als komplementäre Anwendungen von grünem Wasserstoff im Luftverkehr bezieht. Abschließend wird die Rolle des Passagierverhaltens und der Bedarf an weiterer Forschung hervorgehoben.

Insgesamt trägt diese Studie zu einem ganzheitlicheren Verständnis von nachhaltigen Alternativen in der Luftfahrt bei. Sie betrachtet die Produktions- und Nutzungsperspektive gleichzeitig und zeigt die wirtschaftlichen Auswirkungen wasserstoffbasierter Kraftstoffe. Obwohl sich die Studie primär mit PtL-Kraftstoff beschäftigt, kann der methodische Ansatz auch auf andere Technologien angewendet werden. Im HyNEAT-Projekt verwenden wir makroökonomische Analyseinstrumente wie Sozialrechnungsmatrizen und Gleichgewichtsmodelle, um die wirtschaftlichen Auswirkungen von LH2 als weitere Anwendungsoption für grünen Wasserstoff in der Luftfahrt zu bewerten.

Open-Access Artikel: https://doi.org/10.1016/j.ecmx.2024.100632